Weiter Richtung Ottawa zum Covered Bridge Campground

12. Tag  1.10.2019

Es hat die ganze Nacht geregnet und mehrere Gewitter sind über uns hinweg gezogen. Das Prasseln auf dem Dach unseres Womo ist zwar sehr angenehm, aber mal sehen wie es jetzt draußen aussieht. Einige Stellplätze auf dem Campground waren schon Matschpisten vom letzten Regen. Möglicherweise ist vor unserer Tür jetzt auch ein kleiner See. Nö, wir können trockenen Fußes aus-und einsteigen. Dann muss ich nachher nicht zum Elektrokabel „schwimmen“.

Die aufgegangene Blase an meinem Fuß wird von Margit noch gewissenhaft verpflastert, damit ich wenigstens einen Strumpf anziehen kann. Ich ziehe meine Turnschuhe an, das schmerzt ganz ordentlich beim Laufen. Heute, und wahrscheinlich auch morgen, wird es nichts werden mit Wanderungen. Meine alten Wanderschuhe, die mich die letzten 10 Jahre begleitet haben, müssen jetzt wohl dran glauben.

 

Wir machen uns in Ruhe fertig, frühstücken ausgiebig, räumen das Elektrokabel zusammen und es geht los. An der Rezeption geben wir das Verlängerungskabel noch zurück und erhalten unsere 50$ wieder, die wir dafür hinterlegt hatten.

 

Wir fahren erst mal zum Art Center, das ist nur 7 km entfernt. Hier wird in Worten und Bildern geschildert, wie es dazu kam, dass dieser Park (er ist etwa so groß wie Hessen) zum Naturschutzgebiet wurde. Ein Maler hat die Schönheiten der Natur hier quasi entdeckt und in Bildern festgehalten, und viele andere Maler kamen daraufhin auch hierher. Heute sind viele ihrer Bilder, die sich in der Hauptsache um hiesige Landschaften und Tiere drehen, hier ausgestellt und zum Verkauf angeboten. So ab 2000$ aufwärts! Dann gibt es hier noch die üblichen Mitbringsel. Als wir wieder in unseren Henry einsteigen, kommen gerade drei Busse mit ausschließlich Asiaten an. Alle mit Kamera, Handy und Selfie-Arm. Wir haben unsere Mühe, unser Womo ohne Unfall durch die Menschenmassen nach draußen zu steuern, denn die Leute sehen weder nach rechts noch nach links. Sie haben immer irgendeine Form von Kamera vor der Nase und die Hände am Auslöser. Ob sie überhaupt wissen, wo sie sich gerade aufhalten…oder das erst beim Bilder gucken realisieren?

Es geht weiter auf der 60 in Richtung Osten. Wir beraten über zwei Alternativen, die wir jetzt fahren können. Entweder erstmal weiter in den Norden in noch tiefere Wildnis mit ganz wenig Orten und keinen Campgrounds und von da aus in Richtung Osten. Oder gleich in Richtung Osten, und mal sehen ob wir es bis zum Atlantik schaffen. In unserem Campground Handbuch können wir sehen, dass fast alle Campgrounds um den 20.10 herum schließen. Wir fragen uns, was wir die letzten fünf Tage machen werden, wenn alle Campgrounds geschlossen sind, denn wir sind noch bis zum 25.10 unterwegs. Naja, lassen wir das mal auf uns zukommen.

 

Jetzt fahren wir erst mal zum „Covered Bridge CG“. Vorher kaufen wir in Barry Bay noch mal ein, denn wir brauchen Wasser und noch so einiges mehr. Dann tanken wir hier auch gleich nochmal. Ich fahre in die Tankstelle ein, ziehe die Handbremse an. Es ist leicht abschüssig hier, ich gehe zur Tanksäule, da rollt unser Henry davon in Richtung Straße, ich renne hinterher, reiße die Tür auf und kann gerade noch mit der Hand das Bremspedal drücken. Er stoppt kurz bevor er auf die Straße gerollt wäre, und möglichweise gegenüber in ein Haus. Ich muss einfach daran denken den Ganghebel auf Parken zu stellen, die Handbremse alleine hält nicht sehr viel.

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Bild 5 Brücke zum Covered Bridge Campground

Ich tanke und zahle wieder 120$. Margit übernimmt jetzt das Steuer, die Blase am Fuß brennt heftig, und ich bin froh, wenn ich den Schuh ausziehen kann. Zum „Covered Bridges Campground“ sind es nur noch 24km und wir sind schnell da. Wir müssen eine überdachte Holzbrücke überqueren Ich steige lieber vorher aus und schaue nach, ob die unser Gefährt auch aushält. Ein Mann, der hinter der Brücke in seinem Garten sitzt nickt mir zu, kein Problem. Also winke ich Margit zu, sie kann losfahren. Es ist verdammt eng, aber sie schafft es. Wenige Meter weiter sehe ich ein Schild „office“. Das alles sieht eher aus wie ein Bauernhof. Überall laufen Hühner herum, und Gerätschaften stehen hier. An der Tür muss ich klingeln. Eine Frau öffnet, und ja es gibt hier Platz für uns. Der Platz kostet 45$ mit full Hookup. Ok, ich zahle bar, ohne Beleg, mir soll es recht sein. Sie fährt mit ihrem PKW vor uns her um uns einen Platz mit Seeblick zu zeigen, sehr schön. Wäsche waschen kann Margit hier auch, allerdings nicht trocknen, der Trockner ist defekt. Wir sollen die Wäsche doch in Ihrem Haus trocknen, wenn wir fertig waschen sind. Ok, machen wir. Sie erzählt uns noch, dass sie aus Polen kommt und schon seit 30 Jahren in Kanada lebt.

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Bild 6 Auf dem Covered Bridge Campground
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Bild 7 Auf dem Covered Bridge Campground

Wir richten uns ein, dumpen erst mal, denn unsere Abwassertanks sind voll. Margit füllt die beiden Waschmaschinen und wir werfen 2,75$ ein. In 40 Minuten ist die Maschine fertig. Eigentlich wollte die Frau kommen, um unsere Wäsche abzuholen. Aber Margit entschließt sich, die Wäsche hinzubringen, damit sie gleich in den Trockner kommt und nicht total verknittert. Nach 1,5 Stunden kann sie  wieder abgeholt werden. Es ist recht warm heute, daher setzen wir uns nach draußen und lesen ein bisschen. Zwischendurch schreckt uns ein durchdringender Alarmton von Margits Handy auf. Eine Meldung der Polizei: Ein Kind wurde entführt. Es folgt eine Beschreibung des Kindes und des Entführers mit der Bitte, um Hinweise unter der Nummer 911. Offensichtlich werden solche Nachrichten an alle rausgeschickt, die gerade online sind. Eine gute Sache finden wir… und hoffen natürlich, dass alles gut ausgegangen ist.

 

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Bild 8 Waschtag am Covered Bridge Campground

Dann geht Margit wieder los. Zurück kommt sie mit der Wäsche, einem Packen deutschem Brot, zwei polnischen Würsten und einer neuen Freundin. Die Frau hat ihr ihr ganzes Leben erzählt. Im Moment müssen sie in einer Baustelle wohnen, denn die ganze Gegend war vor 2 Jahren meterhoch überschwemmt und ihr Haus stand bis zum ersten Stock im Wasser. Mit den Renovierungsarbeiten sind sie noch heute beschäftigt.

 

Wir futtern unsere Chicken Wings, die wir fertig gebraten beim Lebensmitteleinkauf mitgenommen haben, zusammen mit Tomatensalat. Draußen hängt inzwischen dichter Nebel über dem See und es ist richtiggehend schwül-warm. Wir öffnen sämtliche Fenster und machen uns es im Bett gemütlich.

 

Im Laufe der Nacht sinkt die Temperatur um bestimmt zehn Grad und es wird ungemütlich kalt. Alle Fenster zu und die Heizung an. So ein Womo kühlt ruck-zuck total aus.

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Bild 9 Strecke von heute 127 km; Kartenquelle: © OpenStreetMap-Mitwirkende